Die Hodentorsion: Schnelle Hilfe verhindert bleibende Schäden

Die Hodentorsion gehört zu den insbesondere bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen häufig auftretenden genitalen Schädigungen. Weil es sich dabei um einen Notfall handelt, muss der Patient schnellstmöglich ins Krankenhaus. Denn nur eine sofortige Behandlung kann Spätschäden vermeiden.

Erfahren Sie hier mehr zu Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten einer Hodentorsion.

 

Was versteht man unter einer Hodentorsion?

Hodentorsion (Testistorsion) nennt der Mediziner eine Schädigung, die entsteht, wenn sich der Hoden im Hodensack verdreht.

Dabei werden die im Hodenstiel befindlichen Blutgefäße abgeschnürt. Das verursacht nicht nur Schmerzen, sondern kann nach einer bestimmten Anzahl von Stunden ohne ärztliche Behandlung sogar bleibende Schäden hinterlassen. Die Verdrehung kann grundsätzlich bei männlichen Patienten jeden Alters auftreten. Hinsichtlich der Häufigkeit der Hodentorsion gilt: Säuglinge und Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren sind besonders betroffen.

Die Quote der Neuerkrankungen bei den unter 25-Jährigen liegt bei 0,4 % pro Jahr. Kleine Kinder und Säuglinge haben meist eine Hodentorsion ohne Schmerzen. 

In manchen Fällen dreht sich der Hoden mit dem Samenstrang sogar mehrmals um die eigene Achse. Damit verdreht sich zugleich der im Samenstrang befindliche Samenleiter. Die innerhalb des Samenstrangs zum Hoden und Nebenhoden führenden Blutgefäße werden abgeschnürt.

Zuerst bewirkt die Hodenverdrehung eine Unterbrechung des venösen Abflusses. Im weiteren Verlauf kommt es zur Störung des arteriellen Zuflusses. Wird das Hodengewebe zu lange nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, stirbt es ab. Eine solche Hodennekrose ist umso wahrscheinlicher, je länger die Hodentorsion unbehandelt bleibt. Auch wenn der Betroffene die Schmerzen nicht als Anzeichen einer Hodentorsion deuten kann, sollte er schnellstmöglich die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen. 

Die Verdrehung tritt überwiegend beim linken Hoden auf. Mitunter werden auch beide Hoden verdreht. Sie geschieht während des Schlafs (idiopathische Hodentorsion) oder wird durch sportliche Betätigung ausgelöst. Insbesondere Fahrradfahren gilt als riskante Sportart, weil die Hoden dabei immer über die Sattelvorderkante bewegt werden. Die Minderdurchblutung tritt an unterschiedlichen Stellen und auf mehrere Arten auf.

Daher unterscheidet der Mediziner die intravaginale und die extravaginale Hodentorsion. Bei ersterer erfolgt die Samenstrang-Verdrehung in der den Hoden umgebenden Bindegewebshülle. Sie befindet sich direkt am Hoden und kann die Blutversorgung sogar vollständig unterbrechen. Intravaginale Hodentorsionen treten häufig bei Jungen in der Pubertät und jungen Erwachsenen auf.

Bei der extravaginalen Hodentorsion wird der Samenstrang an einer Stelle oberhalb der Hodenhülle um seine Achse gedreht. Dies geschieht überwiegend bei männlichen Säuglingen und kleinen Jungen. Jede zehnte Hodentorsion erfolgt auf diese Weise. 

Neben diesen Arten der Hodenschädigung gibt es noch die neonatale und die intermittierende Hodentorsion. Bei der neonatalen entsteht die Verdrehung bereits vor der Geburt. Der Junge kommt mit einem stark geschädigten Hodengewebe zur Welt. Intermittierende Hodentorsion nennt der Mediziner eine Hodentorsion, bei der nach anfänglichen Schmerzen eine schnelle Besserung eintritt. In diesem Fall zeigt die Dopplersonografie eine gesteigerte Durchblutung des betroffenen Hodens. 
 

Ursache der Hodentorsion

Die Hodenverdrehung kann verschiedene Gründe haben. Meist sind jedoch Verletzungen des Hodensacks durch Unfälle und operative Eingriffe dafür verantwortlich. In anderen Fällen geht die Hodenverdrehung auf eine ungenügende Fixierung der Keimdrüsen im Hodensack zurück.

Denn im Normalfall sind die Hoden hinten und oben an der Innenseite des Skrotums befestigt. Die Überbeweglichkeit der Hoden ist eine genetisch bedingte Anomalie, die während der Entwicklung des Fötus im Mutterleib entsteht: Die Hodenhüllen verbinden sich nicht vollständig miteinander, sodass sich die Hoden später zu stark bewegen können. Kommt es dann beispielsweise beim Sport zu einer unglücklichen Bewegung, ist eine Hodentorsion die Folge. 

Auch ein unvollständiger Abstieg der männlichen Keimdrüsen kann eine Verdrehung begünstigen. Bei dieser anatomischen Anomalie steigen die Hoden während der embryonalen Entwicklung nicht wie üblich zusammen mit dem Musculus cremaster durch den Leistenkanal in das Skrotum hinab. Ursache ist ein überhaupt nicht oder nur teilweise ausgebildetes Keimdrüsenblatt. Diese Abweichung ist auch dafür verantwortlich, dass die Hoden später nicht richtig im Hodensack fixiert sind. 

 

Symptome der Hodentorsion

Die Hodentorsion lässt sich an bestimmten Symptomen leicht erkennen.

Verdreht sich der Samenstrang an einem Hoden, kommt es zu einem starken einschießenden Schmerz im Skrotum und in der Leistengegend. Bei Heranwachsenden können die Schmerzen sogar bis in den Unterbauch und die Nierengegend ausstrahlen. Sie treten oft mit Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbrüchen auf und sorgen außerdem für eine erhöhte Herzfrequenz. Bei manchen Patienten schwillt auch noch der Hodensack an und rötet sich.

Außerdem lässt sich die Hodentorsion oft ertasten: Der Betroffene spürt, dass seine Hoden sehr berührungsempfindlich sind und keinen Druck aushalten. 

Säuglinge mit pränataler Hodentorsion werden schon mit verfärbtem Skrotum und verhärteten Hoden geboren. Babys und kleine Kinder leiden meist an unklaren Bauchschmerzen und sind unruhig. Sie verweigern ihr Essen und erbrechen sich. Ihr angeschwollener Hodensack ist bei einer Stauung des venösen Bluts blau verfärbt. In seltenen Fällen verschieben sich die Hoden in die Leistengegend, wo sie eine sichtbare Schwellung hervorrufen. 

Die Hodenverdrehung zeigt sich bei Jugendlichen mit Gesichtsblässe, Herzrasen und starkem Schwitzen. Der Hodensack ist bläulich oder rötlich verfärbt. Seine Oberfläche weist nicht die normale Faltung auf. Der verdrehte Hoden steht wegen des verkürzten Samenstrangs höher. Funktioniert die Durchblutung für eine kurze Zeit wieder, kommt es zu einem vorübergehenden Rückgang der Schmerzen. Bei Patienten mit diesem Symptom liegt eine unvollständige Verdrehung des Hodens vor. Weil die Beschwerden aber jederzeit wiederkehren können, benötigt der Betroffene schnellstmöglich medizinische Hilfe. 

 

Folgen der Hodenverdrehung

Bei einer Hodenverdrehung handelt es sich stets um einen Notfall, der innerhalb weniger Stunden behandelt werden muss.

Wurde die Arterie abgeklemmt, kommt es bei erwachsenen Patienten schon nach vier Stunden durch die Minderdurchblutung (Ischämie) zu irreversiblen Schäden.

Bei Kleinkindern und Erwachsenen beträgt die kritische Zeitspanne sechs bis acht Stunden. Kann das Blut über die Hodenvene nicht mehr abfließen, staut es sich im Hoden und es kommt zum akuten Skrotum. Mit diesem Fachterminus bezeichnet der Mediziner eine plötzlich auftretende und von Schmerzen begleitete Schwellung des Hodensacks. 

Ist die Durchblutung des Hodens länger als acht Stunden unterbrochen, kann das Hodengewebe keine Spermien mehr bilden. Nach mehr als 12 Stunden Minderdurchblutung kommt es zu einer eingeschränkten Testosteron-Produktion. Wird die Hodentorsion nicht innerhalb von sechs bis acht Stunden behandelt, ist der Hoden bereits abgestorben. Bei einer beidseitigen Hodentorsion ist dann die Zeugungsfähigkeit nicht mehr gegeben. 

 

Diagnose der Hodenverdrehung

Treten die typischen Symptome auf, lässt sich ein verdrehter Hoden meist ohne weitere Untersuchungen diagnostizieren.

Berichtet der Patient jedoch überwiegend von begleitenden Symptomen wie Erbrechen, Übelkeit und in den Unterbauch ausstrahlenden Schmerzen, können diese auch andere Ursachen haben. Hat sich der untersuchende Arzt nach den Umständen erkundigt, die dazu führten, schaut er sich die Hoden genauer an und tastet sie vorsichtig ab. 

Um die Hodenverdrehung von einer Nebenhodenentzündung diagnostisch abzugrenzen, lässt er eine Blutuntersuchung machen. Liegt eine akute Entzündung vor, zeigt sich diese mit den typischen Entzündungsparametern: Der Patient hat einen erhöhten CRP-Wert, eine vermehrte Anzahl weißer Blutkörperchen und eine erhöhte Blutsenkung. Hat er jedoch eine Hodenschädigung, steigen seine Werte erst mit großer zeitlicher Verzögerung und langsam an. Genaue Informationen liefern die bildgebenden Verfahren. Die Diagnose Hodentorsion kann beispielsweise mithilfe des Ultraschalls gesichert werden. Der Mediziner sieht auf dem Bild genau, wie es um die Durchblutung und Beschaffenheit des Gewebes bestellt ist. Um den Zustand der Blutgefäße besser beurteilen zu können, bedient er sich der Dopplersonografie, weil diese die Messung des Blutflusses ermöglicht. 

Darüber hinaus kann eine Hodenszintigrafie darüber Auskunft geben, ob und wie stark die Blutversorgung des Hodens gestört ist. Weil dieses Verfahren jedoch die Gabe eines radioaktiven Kontrastmittels erfordert, das sich nur langsam im Hoden verteilt, nutzt der Arzt normalerweise schneller durchführbare Verfahren. Denn viel Zeit verbleibt meist nicht, wenn eine dauerhafte Gewebeschädigung vermieden werden soll.

 

Eine Hodenverdrehung lässt sich zusätzlich anhand verschiedener Anzeichen feststellen:

  • negatives Prehn-Zeichen: Hebt der Arzt das Skrotum leicht an, bestehen die Schmerzen fort oder verstärken sich noch. Liegt eine Nebenhodenentzündung vor, bessern sie sich dadurch.

  • Ausbleiben des Kremaster-Reflexes: Streicht der Untersucher leicht auf der Oberschenkelinnenseite entlang, kontrahiert der Musculus cremaster, sodass der gleichseitige Hoden nach oben wandert. Bei einer Hodentorsion ist dies jedoch nicht mehr möglich. 

  • Gersche-Zeichen: Bei einer Hodentorsion im Frühstadium zieht sich die Skrotalhaut am Boden des Hodensacks ein.

  • Tenkhoff-Zeichen: Berührt der Mediziner den verdrehten Hoden leicht und hört er dann ein leises Knistern, befindet sich die Hodentorsion bereits im Spätstadium.

 

Behandlung der Hodentorsion

Zeigen sich bei Ihnen die oben genannten Hodentorsions Symptome oder können Sie sogar äußerlich erkennen, dass sich ein Hoden verdreht hat, suchen Sie bitte sofort eine Arztpraxis auf.

Erste Anlaufstellen sind der Hausarzt oder ein Urologe. Haben Sie zuvor Ihr Fahrrad benutzt oder einen anderen Sport betrieben, liegt es nahe, dass Sie sich eine Hodentorsion zugezogen haben. Auch wenn mitunter behauptet wird, man könne eine Hodentorsion selbst beheben, verzichten Sie bitte darauf. 

Stellt der untersuchende Arzt fest, dass es sich um eine leichtere Form der Hodenverdrehung handelt oder ist eine sofortige OP nicht möglich, wird er versuchen, den Samenstrang selbst zu entdrehen. In diesem Fall ist die manuelle Hodentorsions Therapie gleichzeitig eine Notfallbehandlung. Um herauszufinden, ob die Rückdrehung den gewünschten Erfolg brachte, macht er anschließend noch einen Ultraschall. Zukünftige Hodentorsionen können allerdings nur ausgeschlossen werden, wenn der Hoden nach der Rückdrehung mithilfe kleiner Nähte am Hodensack festgenäht wird (Orchidopexie). Dabei wird meist auch der andere Hoden befestigt. 

Kann der Mediziner eine Hodendrehung nicht sicher ausschließen, wird er Ihnen trotzdem zu einer Operation der Hodentorsion raten. Im Krankenhaus erfolgt dann eine Hodenfreilegung, sodass sich der Chirurg Hoden und Samenstrang genau ansehen kann. So kann er die Hodentorsion rechtzeitig durch eine OP beheben und Spätschäden verhindern. Die Dauer der Hodentorsions OP hängt davon ab, wie schnell sich das Hodengewebe regeneriert. Der Chirurg dreht den Hoden in seine normale Position (Detorquierung) zurück, sodass die Durchblutung wieder normal funktioniert. Dann erholt sich das Hodengewebe meist innerhalb von 30 Minuten und die Hoden können angenäht werden. Ist es allerdings zu stark geschädigt, muss er den Hoden entfernen. 

 

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