Impfen und Impfungen

Es gelten viele Krankheiten hierzulande als ausgerottet. Ein Erfolg, der durch Impfungen herbeigeführt wurde oder einfach das Resultat besserer Lebensumstände?

Es gibt wohl kaum ein anderes medizinisches Thema, das die Nation so spaltet wie Impfungen. Während einige von dem Nutzen der Immunisierung überzeugt sind, beziehen andere Position dagegen. Doch was ist dran? Ist die Wirksamkeit der Impfungen wissenschaftlich bestätigt? Wie häufig sind Impfschäden zu verzeichnen? Und führt eine überstandene Krankheit zu einer besseren Immunität als durch eine Impfung?

In diesem Artikel beleuchten wir das Thema „Impfen und Impfungen“ von einem neutralen Standpunkt aus. Wir erläutern die Wirkung der Impfung, die Hintergründe der Impfempfehlungen und viele weitere wichtige Fragen.

 

Warum impfen? Das Leben vor der Vakzination

Pocken waren in Europa und Asien weit verbreitet. Bei etwa jedem 4. Kind führte die Krankheit zum Tod. Wer die Pocken überlebte, war Zeit seines Lebens immun. Im damaligen Asien war es eine verbreitete Tradition, nicht erkrankte Kinder mit dem Sekret aus den Pusteln eines Pocken-Patienten zu benetzen (Variolation). Daraufhin erkrankten die Kinder, der Verlauf der Pocken war jedoch vergleichsweise gering. Sie überlebten und waren immun.

In Europa erkannte Edward Jenner, dass Personen, welche sich mit den Kuhpocken infiziert hatten, nicht mehr an Pocken erkrankten. Er sah den kausalen Zusammenhang zwischen den Immunitäten in Europa und Asien. Daraufhin unternahm er ein waghalsiges Experiment: Er impfte einen Jungen mit dem Pustelsekret einer an Kuhpocken erkrankten Magd, woraufhin dieser ebenfalls an Kuhpocken erkrankte. Etwa 6 Wochen später impfte der Arzt den Jungen mit einem Impfstoff aus dem Pockensekret. Erwartungsgemäß blieb der Junge daraufhin gesund.

Schon bald wurde ein Impfserum aus menschlicher Lymphe entwickelt und die sogenannte Vakzination verbreitete sich in Windeseile. Doch auch damals gab es Impfgegner. Während die einen argumentierten, man würde die Gefahr der Syphilis-Verbreitung erhöhen, widersetzten sich andere, weil sie nicht die tierischen Triebe eingeimpft bekommen wollten.

Einen Impf-Aufschwung erlebte Europa durch die Entwicklung von Impfstoffen gegen Milzbrand, Tollwut, Tetanus und Diphterie. Viele Kinder aus dem 19. und 20. Jahrhundert verdanken ihr Leben der Forschung.

Mittlerweile existieren eine Reihe von Impfungen gegen verschiedenste Viren oder Bakterien. Sie sollen Schutz vor gefährlichen Krankheiten bieten und werden von den Krankenkassen bezahlt.

Doch immer wieder wird über Nutzen und Risiken von Impfungen diskutiert. Sind diese noch zweckmäßig in einem hochtechnisierten Land mit einer effizienten medizinischen Versorgung oder unterliegen die Ärzte dem Druck der Pharmakonzerne und empfehlen deshalb selbst für Säuglinge ab der 6. Lebenswoche verschiedene Impfungen?

 

Impfungen – Was passiert dabei?

Das Immunsystem

Ob über die Atemwege, die Haut, den Magen oder die Schleimhäute – wir nehmen jeden Tag Milliarden Keime in uns auf. Verschiedene Arten von Immunzellen bekämpfen diese körperfremden Organismen, damit sie uns nicht krank machen.

Eine allgemeine Immunreaktion erfolgt als erste Antwort auf jede Art von Fremdköpern. Granulozyten, Monozyten, Makrophagen sowie Killerzellen versuchen Bakterien, Viren, Pilze oder Tumorzellen schlichtweg aufzufressen. Gelingt dies nicht, sind höhere Komponenten des Immunsystems gefragt, die spezifische Abwehr.

Dabei spielen vor allem Lymphozyten eine wichtige Rolle. Diese Immunzellen können sich anpassen und erinnern. Dadurch sind sie nicht nur in der Lage, gezielte Antikörper zu produzieren, um die Keime zu eliminieren, sondern auch Gedächtniszellen. Infolgedessen kann bei einem erneuten Befall mit demselben Erreger eine Immunantwort erfolgen, bevor es zum Krankheitsausbruch kommt.

 

Aktive Impfung

Eine aktive Impfung erfolgt dann, wenn man sich gezielt vor Krankheiten schützen möchte.

Bei dieser Art der Impfung werden dem menschlichen Organismus bewusst Krankheitserreger appliziert. Dadurch soll das Immunsystem Antikörper und Gedächtniszellen ausbilden. Durch die aktive Auseinandersetzung mit dem Erreger kann sich der Körper für eine echte Infektion wappnen und bei Bedarf die passsenden Immunzellen bereitstellen.

Diese Auseinandersetzung ist mit Nebenwirkungen verbunden. Die sogenannte Impfreaktion mit Fieber, Müdigkeit und Gliederschmerzen ist jedoch lediglich Ausdruck eines aktiven Immunsystems und verschwindet nach wenigen Tagen wieder.

Die Produktion der spezifischen Antikörper und Gedächtniszellen nach einer Aktivimpfung dauert zwischen 1 und 2 Wochen. Eine Immunität besteht dann in der Regel mindestens für 5 Jahre, manchmal sogar zeitlebens.

Eine aktive Impfung wird gegen Röteln, Masern, Mumps, Windpocken, Influenza oder HPV empfohlen. Die verabreichten Erreger sind genau dosiert und abgeschwächt oder abgetötet. Das Resultat ist nicht davon abhängig, wie aktiv die Keime sind, sondern wie viele Eiweißmoleküle dem Immunsystem präsentiert werden müssen, damit eine aktive Auseinandersetzung stattfindet.

In beiden Fällen kommt es zu einer Immunisierung. Aktuell wird vor allem an einem Aktivimpfstoff gegen das HI- und Coronavirus geforscht.

 

Passive Impfung

Im Gegensatz dazu, werden dem menschlichen Organismus bei einer passiven Impfung fertige Antikörper injiziert. Das eigene Immunsystem bleibt passiv und muss keine Antikörper mehr bilden.

Die in der Passivimpfung verwendeten Antikörper stammen von Menschen oder Tieren, die bereits eine Infektion mit dem Erreger durchgemacht und infolgedessen spezifische Antikörper ausgebildet haben.

Die passive Schutzimpfung wird nicht prophylaktisch verabreicht, sondern dann, wenn der Verdacht besteht, dass sich Menschen mit einem Erreger infiziert haben und keine Zeit für eine aktive Schutzimpfung bleibt, beispielsweise bei Tetanus oder Tollwut. Dann können die injizierten Antikörper sofort wirken und den Erreger eliminieren. Der passive Impfstoff hält jedoch nur kurze Zeit an, da der Körper nach der Injektion keine Gedächtniszellen ausbildet.

Eine passive Impfung erfolgt auch im Mutterleib, wenn der Fötus Antikörper der Mutter übertragen bekommt. Dadurch hat das Neugeborene in den ersten Lebenswochen ausreichend Schutz vor vielen Krankheiten, danach muss sich das eigene Immunsystem ausbilden.

 

Impfungen – Was spricht dafür?

Impfeffekt

Keine Impfung bietet hundertprozentigen Schutz gegen die jeweilige Erkrankung.

Eine aktive Immunisierung senkt allerdings die Auftretenswahrscheinlichkeit enorm. Schutzwirkung und Impfeffekt werden fortlaufend von staatlicher Seite in randomisierten kontrollierten Studien erfasst und dokumentiert. Nur wenn der Risiko-Nutzen-Faktor deutlich positiv ausfällt, spricht die Ständige Impfkommission eine Impfempfehlung für eine bestimmte Infektionskrankheit aus und vermerkt diese in einem Impfkalender.

Doch Impfungen schützen nicht nur nachweislich vor Erkrankungen. Selbst wenn es trotz Impfung zu einem Krankheitsausbruch kommt (5 %), verläuft die Infektion dann weitaus milder und meist ohne Komplikationen. Jeder einzelne Geimpfte, der ausreichend immunisiert ist, wird auch vor schweren Begleiterkrankungen bewahrt.

Besonders deutlich wird dies beispielsweise durch die deutlich geringere Fallzahl von:

  • Enzephalitis nach einer Masernerkrankung

  • Orchitis und damit verbundene Infertilität nach einer Mumpsinfektion

  • körperliche Behinderung nach einer Polio-Erkankung

 

Infektionskrankheiten können auch tödlich verlaufen. Einige Menschen profitieren vor allem deshalb von einer Impfung, weil sie zu einer bestimmten Risikogruppe zählen und die Mortalität bei einzelnen Infektionskrankheiten deshalb signifikant höher ist. Viele Todesfälle könnten durch eine Impfung verhindert werden.

Allein 2002 starben weltweit mehr als 2 Millionen Menschen an Infektionskrankheiten, gegen die es eine Impfung geben würde. Es wird geschätzt, dass noch heute pro Minute 3 Kinder an vermeidbaren Infektionen sterben.

 

Herdenimmunität

Doch nicht nur der Einzelne, auch die Bevölkerung profitiert von einer allgemeinen Impfkampagne.

Die mathematische Epidemiologie des Robert-Koch-Institutes untersucht in regelmäßigen Abständen den Verlauf von Infektionskrankheiten im Zusammenhang mit Impfprogrammen. Bei einer hohen Impfrate innerhalb einer Bevölkerungsgruppe besteht auch eine sogenannte Herdenimmunität.

Diese besagt, dass auch nicht geimpfte Menschen vor einer bestimmten Erkrankung geschützt sind, da durch den hohen Anteil der immunisierten Menschen der Erreger innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe nicht mehr zirkuliert. Dieser Herdenschutz verringert vor allem die Mortalität bei ungeimpften Menschen mit einem hohen Risiko, beispielsweise bei Säuglingen, chronisch kranken oder immunsupprimierten Menschen.

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zählen Impfungen nicht nur zu den 10 wichtigsten medizinischen Errungenschaften. Sie sind auch die wichtigste und wirksamste Maßnahme, um Infektionskrankheiten einzudämmen.

Seit der Einführung von Impfprogrammen gelten verschiedene Erkrankungen, darunter Pocken, Diphterie und Polio in vielen Industrieländern als nahezu ausgerottet.

 

Impfgegner und Argumente gegen das Impfen – Was ist dran?

Seit vielen Jahren ist in Deutschland eine sogenannte Impfmüdigkeit zu beobachten. Durch Vernachlässigung oder bewusste Ablehnung der empfohlenen Schutzimpfungen treten manche Krankheiten wieder vermehrt auf.

Infolgedessen sinkt die Durchimpfungsrate unter die kritische Schwelle und es besteht keine Herdenimmunität mehr. Doch welche Argumente haben Impfgegner?

 

Fragwürdige Wirksamkeit: Es dauert in der Regel mehrere Jahre bis ein Impfstoff freigegeben wird. Nach dem Arzneimittelgesetz erhält ein Impfstoff nur eine Zulassung, wenn er wirksam und verträglich ist. Die Wirksamkeit wird zudem fortlaufen innerhalb der Bevölkerungsgruppen untersucht.

Begrenzter Schutz: Menschen haben zwar einen zeitlich begrenzten Impfschutz, weshalb in den meisten Fällen zur Auffrischimpfungen geraten wird. Im Gegensatz dazu bietet aber auch eine durchgestandene Infektion keinen hundertprozentigen Schutz vor einer erneuten Erkrankung.

Bessere Immunantwort nach Infektion: Ob der Erreger im geschwächten oder aktiven Zustand in den Organismus gelangt und das Immunsystem fordert, ist für die Ausbildung von Antikörpern und Gedächtniszellen irrelevant. Die Gefahr, dass allerdings eine Infektion mit aktiven Keimen tödlich verläuft, ist signifikant höher als nach einer Impfung.

Belastung des Immunsystems: Mehrfachimpfstoffe im Säuglingsalter überlasten das Immunsystem der Kleinen deshalb nicht, weil die Impfseren verbessert sind. Während noch vor 20 Jahren tausende Erreger in einer Impfdosis waren, ist es heute möglich, eine Immunisierung mit nur einzelnen Eiweißbausteine durchzuführen.

Toxine im Impfstoff: Impfstoffe enthalten toxische Substanzen wie Formaldehyd, Quecksilber, Aluminium oder Phenol. Diese Stoffe dienen zum Abtöten der Erreger, zur Erhöhung der Immunantwort oder zum Haltbarmachen des Impfstoffes. Allerdings sind die Konzentrationen der Substanzen weit unter dem toxischen Bereich. Wenn Sie beim Baden im See Wasser verschlucken, haben Sie wahrscheinlich mehr Toxine in sich.

Geld regiert die Welt: Aus Sicht der Pharmaindustrie ist der Vertrieb von Impfstoffen, im Gegensatz zu Medikamenten für chronisch Kranke, wenig rentabel, da es sich um ein „Einmalprodukt“ handelt.

Angst vor Impfschaden und Co.: Die Wahrscheinlichkeit, einen Impfschaden zu erleiden, liegt in Deutschland bei 0,1 %, wohingegen die Wahrscheinlichkeit, eine Komplikation durch die Infektion zu erleiden, je nach Krankheit, bei 5 bis 10 % liegt.

 

Fazit

Impfungen zählen zu den wichtigsten medizinischen Errungenschaften.

Nicht nur der Schutz des Einzelnen vor Infektionskrankheiten, sondern auch der Schutz anderer Menschen, die sich nicht impfen lassen können und besonders gefährdet sind, steht dabei im Vordergrund.

Beachten Sie daher die Impfempfehlungen des RKI und schützen Sie sich und andere.

 

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