Schilddrüsenunterfunktion

Wenn der Körper auf Sparflamme läuft

Etwa 2 % aller Frauen in Deutschland leiden an einer Schilddrüsenunterfunktion, der sogenannten Hypothyreose. In der Regel liegt das Erkrankungsalter zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr. Während nur etwa 0,1 % der deutschen Männer von einer Schilddrüsenerkrankung betroffen sind, kommt etwa jedes 3000. Neugeborene mit einer solchen Fehlfunktion der Schilddrüse in Deutschland zur Welt.

Die meisten Betroffenen haben aufgrund des weit verbreiteten Jodmangels eine latente Schilddrüsenunterfunktion oder leiden unter einer schweren Form der Hypothyreose. In vielen Fällen bleibt die Erkrankung über einen langen Zeitraum jedoch unentdeckt, wenn nicht der bekannte „Kropf“ auf die Schilddrüsenfehlfunktion aufmerksam macht. Daher werden die typischen Beschwerden bei einer Hypothyreose leider oftmals falsch diagnostiziert und behandelt.

Lesen Sie in diesem Beitrag alles Wissenwerte zum Thema Ursachen, Symptome, Diagnostik und Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion.

 

Was ist eine Schilddrüsenunterfunktion?

Eine Schilddrüsenunterfunktion wird als Hypothyreose bezeichnet und definiert eine Krankheit, die durch die mangelhafte Produktion von Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet ist. Dieser Hormonmangel geht mit einem verlangsamten Stofwechsel der Betroffenen einher.

Die Schilddrüsenunterfunktion ist eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer. Auch Säuglinge können bereits unter einer Hypothyreose leiden.

 

 

Die Schilddrüse - ein kleines Organ mit großem Einfluss

Anatomie der Schilddrüse
Die Schilddrüse ist etwa daumengroß und hat die Form eines Schmetterlings. Das Organ liegt an der Vorderseite des Halses unterhalb des Schildknorpels, daher der Name. Die Schilddrüse besteht aus zwei Hautlappen, die durch ein schmales Gewebestück miteinander verbunden sind.

Die Schilddrüse befindet sich in direkter Nachbarschaft zu stimm- und sprachbildenden Strukturen wie Hirnnerven und Kehlkopfmuskulatur.

Zudem befindet sich die sogenannte Nebenschilddrüse, ein etwa reiskorngroßes Organ direkt hinter der Schilddrüse und ist für die Produktion des Parathormons zuständig.

 

Physiologie der Schilddrüse

Die Schilddrüse bildet verschiedene Hormone aus, wobei die wichtigsten Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) sind. Der Großteil der T3- und T4-Hormone wird ins Blut abgegeben und dort an spezielle Eiweiße gebunden. Der freie Teil (fT3 und fT4) gelangt zu den Körperzellen und kann dort seine Wirkung entfalten, unter anderem

  • Herzschlag beschleunigen
  • Blutdruck erhöhen
  • Kohlehydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel anregen
  • Schweiß- und Talgdrüsen aktivieren
  • Nieren- und Darmtätigkeit anregen
  • Wachstum initiieren
  • Energiehaushalt steuern

Wieviel T3 und T4 in unserem Körper ist, hängt vom Gehirn ab, denn Hypothalamus und Hypophyse regeln die Produktion und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone. Die Hypophyse bildet das Hormon TSH (Thyroid-stimulierendes Hormon), welches wiederum die Schilddrüse zur Produktion von T3 und T4 anregt. Ist die Konzentration von T3 und T4 zu gering, wird die TSH-Produktion angeregt. Befinden sich zu viel Schilddrüsenhormone im Blut, reduziert die Hypophyse die TSH-Produktion. Durch diesen Rückkoppelungsmechanismus kann das Niveau der Schilddrüsenhormone auf einem konstanten Level gehalten werden. Unerlässlich ist dafür jedoch auch das sogenannte Thyreotropin Releasing Hormon (TRH). Der Hypothalamus setzt dieses frei und sorgt mithilfe des Hormons für die Kommunikation zwischen Gehirn und Schilddrüse. Dadurch garantiert der Hypothalamus einen reibungslosen Ablauf verschiedenster Körperfunktionen.

Ist dieser vulnerable Kreislauf oder der Rückkoppelungsmechanismus gestört, so treten verschiedene Störungen im Organismus zu Tage.

 

Wie kommt es zur Schilddrüsenunterfunktion?

Wie kommt es zur Schilddrüsenunterfunktion?

Angeborene Schilddrüsenunterfunktion

Die angeborene Schilddrüsenunterfunktion bildet sich im Mutterleib aus. Durch zu wenig Jod während der Schwangerschaft ist die Schilddrüse des neugeborenen Babys nicht angelegt oder zu klein, sodass die Versorgung des Körpers mit den lebensnotwendigen Schilddrüsenhormonen nicht gewährleistet ist.

 

Erworbene Schilddrüsenunterfunktion

In der Regel ist der Grund für eine Hypothyreose eine Funktionsstörung der Schilddrüse, selten der Hypophyse oder des Hypothalamus. Diese Funktionsstörung kann diverse Hintergründe haben.

Auch Jodmangel kann eine Schilddrüsenunterfunktion auslösen. Etwa die Hälfte aller Menschen in Deutschland sind nicht ausreichend mit Jod versorgt. Dabei ist Jod der Grundstoff für die Produktion der Schilddrüsenhormone. Jod kann jedoch nicht selbst vom Organismus hergestellt werden, die Supplementation über die Nahrung ist daher unerlässlich. Erwachsene benötigen täglich zwischen 150 und 200 Mikrogramm Jod.

Eine Hypothyreose entsteht jedoch auch, wenn Schilddrüsengewebe untergeht oder die Supplementation von Thyreostatika (Medikamente bei Schilddrüsenüberfunktion) zu hoch dosiert ist.

 

Sonderfall Hashimoto Syndrom

Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion ist das Hashimoto-Syndrom. Dabei handelt es sich im eigentlichen Sinne um eine chronische Entzündung des Schilddrüsengewebes (Thyreoiditis), das infolgedessen zugrundegeht.

Die Erkrankung ist auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen, mehr als 80 % macht jedoch die Autoimmun-Hashimoto-Thyreoiditis aus. Dabei bildet der Körper Antikörper aus, die sich gegen die Zellen der Schilddrüse richten und diese im Zuge einer Entzündung irreparabel zerstören. Das Hashimoto Syndrom verläuft meist schleichend und kann über Jahre unerkannt bleiben.

Das Hashimoto-Syndrom kann auch nach einer viralen oder bakteriellen Entzündung oder im Rahmen einer Radiojodtherapie auftreten, was jedoch selten ist.

 

Welche Ursachen liegen der Schilddrüsenunterfunktion zugrunde?

  • jodarme Ernährung
  • Genetik
  • virale oder bakterielle Infektionen
  • Radiojodtherapie
  • Schilddrüsenoperationen
  • inadäquater Schilddrüsenhormon-Ersatz
  • Überdosierung der Medikamente bei Schilddrüsenüberfunktion (Morbus Basedow)

 

Wie zeigt sich eine Schilddrüsenunterfunktion?

Die Schilddrüse ist für eine Vielzahl an Körperfunktionen unerlässlich. Ist die Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut zu geringt, kommt es zu weitreichenden Störungen.

 

Die Schilddrüse und das Herz

Die Schilddrüsenhormone regulieren die Herzkraft, die Herzfrequenz und das Blutvolumen. Eine Hypothyreose hat daher immer Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System. Dies zeigt sich beispielsweise in einem verlangsamten Puls, Wassereinlagerungen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Frieren oder Herzrhythmusstörungen.

Am deutlichsten treten kardiale Probleme bei jüngeren Patienten auf. Sie reagieren viel intensiver als ältere Menschen, die oftmals subjektiv keine Beschwerden wahrnehmen. Doch auch Menschen mit kardialen Vorerkrankungen sind sehr anfällig für schwere Herzerkrankungen, wenn bereits eine latente Schilddrüsenunterfunktion nicht behandelt wird.

 

Die Schilddrüse und der Stoffwechsel

Schilddrüsenhormone beeinflussen den Kohlehydrat-, Fett-, Eiweiß-, Knochen- und Nervenstoffwechsel.

Eine Hypothyreose führt beispielsweise zu einer verminderten Aufnahme von Glucose aus dem Darm und zu einer geringeren Freisetzung von Glukogen aus der Leber. Infolgedessen verringert sich der Blutzuckerspiegel (Hypoglykämie) und die Gefahr der Unterzuckerung entsteht. Nicht selten zeigt sich diese Hypoglykämie in Heißhungerattacken.

Auch der Fettstoffwechsel ist bei einer Hypothyreose verlangsamt. Dadurch nimmt der Cholesterinwert im Blut zu und die Gefahr für Gefäßverkalkung steigt enorm an. Der gedrosselte Energieverbrauch führt in vielen Fällen zur Gewichtszunahme selbst bei normalem Essverhalten.

Ist die Konzentration der Schilddrüsenhormone langfristig zu gering, reduziert sich auch der Knochenaufbau, sodass sich fatale Fehlbildungen am Skelett zeigen. Minderwuchs, Fehlhaltungen oder Osteoporose stehen oft in direktem Zusammenhang mit einer Hypothyreose.

Die Schilddrüsenhormone beeinflussen zudem den Stoffwechsel des Nervensystems. Ein Mangel führt zu einer verminderten Erregbarkeit der Neuronen und dadurch zu einer allgemeinen Verlangsamung in der Reaktion.

Ebenso ist der allgemeine Stoffwechsel durch die Hypothyreose eingeschränkt und manifestiert sich vor allem bei Haut und Haaren: Haarausfall, trockene Haut, geschwollenes Gesicht, gelblicher Teint oder glanzlose Haare sind oft Ausdruck einer Hypothyreose.

 

Die Schilddrüse und die Fruchtbarkeit

Tritt eine gewollte Schwangerschaft nicht ein, sollten betroffene Frauen eine Untersuchung der Schilddrüse vornehmen lassen. Denn eine Hypothyreose kann die Empfängnis negativ beeinflussen. Grund ist der Einfluss auf die Sexualhormone. T3 und T4 steuern die Östrogenproduktion, ein Ungleichgewicht der Schilddrüsenhormone wirkt sich also direkt auf die Eizellereifung und den Zyklus aus. Frauen mit einer Hypothyreose werden seltener schwanger und erleiden häufiger eine Fehlgeburt. Deshalb sollte auch eine latente Schilddrüsenunterfunktion bereits bei Kinderwunsch behandelt werden. Vor allem, weil die Hypothyreose auch die Libido negativ beeinflusst.

 

Die Schilddrüse in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft kommt es zu einem gesteigerten Bedarf an Schilddrüsenhormonen. Nur mithilfe einer ausreichenden Jodzufuhr kann dieser Bedarf gedeckt werden. Das gilt vor allem im ersten Trimenon, wenn der Fötus selbst noch keine Schilddrüse ausgebildet hat und vollständig auf die Hormone der Mutter angewiesen ist.

Eine bekannte Hypothyreose muss während der Schwangerschaft unbedingt behandelt werden. Andernfalls führt der Mangel an Schilddrüsenhormonen zu einer schweren geistigen und körperlichen Schädigung des Fötus. Zudem treten im Zusammenhang mit einer Hypothyreose vermehrt Schwangerschaftskomplikationen wie Fehlgeburt oder Frühgeburt zu Tage.

 

Die Schilddrüse und die Psyche

Das kleine Organ hat großen Einfluss auf die Psyche und das seelische Gleichgewicht. Im Falle der Hypothyreose klagen Menschen häufig über depressive Verstimmungen, Lustlosigkeit, Erschöpfungszuständen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen bis hin zu Wahnvorstellungen und Suizidgedanken.

Besonders häufig stehen diese psychischen Symptome in Zusammenhang mit der Geburt. Denn bei etwa 7 % aller Frauen entwickelt sich nach der Entbindung eine Thyreoiditis, was zu Störungen der Schilddrüsenhormonproduktion führt. In den meisten Fällen entsteht ein Mangel, was sich dann in Wochenbettdepressionen zeigt. Durch die rechtzeitige Diagnostik und die Gabe von Schilddrüsenmedikamenten kann sich die Hormonlage schnell wieder stabilisieren und die Symptome verschwinden.

 

Wie wird eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt?

Neben den körperlichen und psychischen Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion zeigt die Erkrankung auch deutliche Hinweise im Blutbild.

Erhöhte TSH-Werte sprechen dafür, dass ein Mangel an Schilddrüsenhormonen vorliegt und der Körper durch eine Erhöhung der stimulierenden Hormone dies auszugleichen versucht. Ist der TSH-Wert an zwei aufeinanderfolgenden Tests zu hoch, so wird dann das freie Schilddrüsenhormon T3 sowie T4 gemessen. Sind die fT3- und fT4-Werte zu niedrig, gehen Ärzte von einer Schilddrüsenunterfunktion aus.

Allein der TSH-Wert gibt noch keine Aussage, da dieses Hormon sowohl jahreszeitlichen als auch individuellen Schwankungen unterliegt, zum Beispiel im Alter oder während der Menstruation.

Lassen sich im Blut zudem auch spezifische Antikörper gegen Schilddrüsengewebe nachweisen, ist die Diagnose „Hashimoto“ gesichert.

 

Wie wird die Schilddrüsenunterfunktion behandelt?

Eine Hypothyreose sollte so früh wie möglich behandelt werden, damit keine bleibenden Schäden entstehen. Eine Heilung der Erkrankung ist nicht möglich, außer der Schilddrüsenunterfunktion liegt ausschließlich Jodmangel zugrunde. Andernfalls wird die Erkrankung mit Medikamenten behandelt.

 

Kliniken für die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion

Medikamente gegen Schilddrüsenunterfunktion

Synthetisch hergestellte Schilddrüsenmedikamente wie Levothyroxin wirken im menschlichen Organismus genauso wie körpereigene Schilddrüsenhormone. In der Regel müssen Betroffene die Medikamente lebenslang substituieren. Ist die Dosierung richtig gewählt, kommt es zu keinerlei Nebenwirkungen.

Bei Therapiebeginn ist die Menge des Schilddrüsenmedikamentes noch sehr gering und wird nur sehr langsam gesteigert, um Symptome der Schilddrüsenüberfunktion zu verhindern. Ziel ist eine Normalisierung des TSH-Wertes, wobei ältere Menschen einen physiologisch leicht erhöhten Wert haben.

Bei einer Hashimoto-Hypothyreose kann die zusätzliche Einnahme von Selen positiv wirken. Denn im Zusammenhang mit den Medikamenten gegen die Schilddrüsenunterfunktion kann die ursächliche Entzündung gedämmt und dadurch die körpereigene Produktion der Antikörper gebremst werden. Dies führt in vielen Fällen zum Erhalt eines Restgewebes in der Schilddrüse.

 

Weitere Tipps zur Lebensführung

Die Schilddrüsenwerte sollten 1 bis 2 mal jährlich kontrolliert werden, damit der betreuende Internist Schwankungen erkennt und rechtzeitig auf Veränderungen reagieren kann.

Zudem müssen Schilddrüsenmedikamente morgens nüchtern eingenommen werden. Nur so erfolgt die Wirkstoffaufnahme im Körper und die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion reduzieren sich.

Achten Sie darauf, dass Sie Thyroxin-Pharmazeutika derselben Firma verschrieben bekommen, denn die Beimengungen bei der Herstellung der Medikamente können zu unterschiedlichen Wirkweisen führen.

 

Fazit

Die Schilddrüsenunterfunktion ist eine Erkrankung, die vor allem Frauen zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr betrifft. Sie wird in den meisten Fällen durch eine Autoimmunerkrankung, das Hashimoto-Syndrom, hervorgerufen, kann aber auch aufgrund von Jodmangel, nach einer Radiojodtherapie oder durch eine Infektion entstehen. Die Schilddrüsenunterfunktion tritt bei Frauen bis zu 9 mal häufiger auf als bei Männern.

Bei einer Hypothyreose ist die Konzentration der Schilddrüsenhormone zu gering, was sich in diversen Symptomen zeigt. Unter anderen sind Herzrhythmusstörungen, Müdigkeit, Kälteempfinden, Gewichtszunahme, Haarausfall, Verstopfung und Zyklusstörungen durch eine Schilddrüsenunterfunktion gekennzeichnet.

Die Therapie mit Schilddrüsenmedikamenten ist sehr wirkungsvoll und führt in den meisten Fällen zum vollständigen Rückgang der Symptome. Die medikamentöse Behandlung erfolgt jedoch lebenslang.

 

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