Die Visite ist gekennzeichnet durch Untersuchungen, Abklären von Veränderungen, Therapieplanung, Eruieren von durchgeführten Maßnahmen und Zeit für Fragen des Patienten. Die Visite ist also nicht nur medizinisch-pflegerisch relevant, sondern eine gute Gelegenheit für Patienten, Sorgen und Ängste anzusprechen sowie Informationen einzuholen. Zudem können diese bei der Visite Einfluss auf die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nehmen.
Doch die Realität sieht in vielen Krankenhäusern anders aus: Die meisten Patienten fühlen sich unsicher und haben Angst, ihre Anliegen vorzubringen oder Unklarheiten anzusprechen. Die Visitenzeiten sind nicht immer verlässlich, oftmals warten die Patienten stundenlang auf den Besuch der Ärzte. Die Mehrheit der Ärzte sieht sich gezwungen, durch die strukturellen Begebenheiten die Zeiten bei den Patienten so kurz wie möglich zu gestalten, um anderen Aufgaben innerhalb der Regelarbeitszeit noch nachkommen zu können. Die Zeitnot im Allgemeinen führt auch dazu, dass nicht immer die betreuenden Pflegekräfte bei der Visite anwesend sind und wichtige Informationen zwischen Patienten, Medizinern und Pflegekräften verloren gehen. Dadurch können die Pflegekräfte auf die Fragen der Patienten im Nachhinein auch schlechter eingehen.
Diese Unzufriedenheit auf allen Seiten wird auch durch verschiedene Studien belegt. So zeigt es sich, dass
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Visiten durchschnittlich nur 3 bis 4 Minuten pro Patient dauern
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Ärzte durchschnittlich 8 Fragen an die Patienten stellen, umgekehrt jedoch weniger als 2
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meistens mehr als 3 medizinische Personen an einer Visite teilnehmen
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mehr als 50 % der Visiten durch Unterbrechungen (Telefon, Notfall, Kollegen, Zimmernachbar, ...) gekennzeichnet sind
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die Patienten sich nach der Visite an weniger als 20 % des Inhaltes erinnern können
Daraus entsteht ein Teufelskreis vielfältiger Probleme. Wenn die Visiten nach den Anliegen der Ärzte ausgerichtet werden, geht das zu Lasten der Patienten. Oftmals werden dadurch die Gesundheitsprobleme wie auch die Auswirkungen auf die anderen Lebensbereiche des Patienten nicht einmal erkannt. So werden schlimmstenfalls unpassende Maßnahmen verordnet. Des Weiteren haben die Patienten, die sich durch die einseitige Kommunikation und fehlende Interaktion nicht zurechtfinden, kaum die Möglichkeit, sich aktiv im Genesungsprozess einzubringen. Das wiederum führt dazu, dass Ärzte den Eindruck gewinnen, die Patienten würden sich nicht an die Anweisungen halten.
Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass die Visiten für alle Beteiligten zufriedenstellend gestaltet werden. Auch die Patienten können aktiv dazu beitragen.